Zwischen Kunst und Menschlichkeit
Uschi Hammes - Caspar David Friedrich
Eine lyrische Betrachtung
Wie hilflos er scheint
der Mensch.
Im Angesicht der Natur so klein
so alleine
erstarrt
fast totenstill.
Jede Nacht den Blick zum Himmel
bitten - flehen - hoffen.
Jeden Tag neue Einsamkeit
Enttäuschung - Tränen - Verzweiflung.
Gedanken versanden wie Wellen am Strand
zwischen 1808 und 1810 das Herz verdorrt ohne Gnade.
An Gott zu glauben ohne Gott zu vertrauen
so unglücklich diese Art von Sein.
Ohne Licht ist der Mensch verloren
gefesselt
unbeweglich die Gedanken
kraftlos die Worte.
Angst schreit lautlos
im geben und im nehmen.
Geburt wird zur Strafe
in düsterer Zeit.
Wer mag jetzt das Land bestellen
wo jeder Bissen Übelkeit erzeugt?
Fürchtet euch nicht sagt der Engel
der das Menschsein nicht kennt
nie gelebt hat als Fleisch und Blut
sich hütet vor dem bösen
mit Gottes Hilfe.
Wir teilen sie
schwören
bestreiten nichts
lassen sie wachsen
wiederholen
wieder und wieder
dasselbe
bis wir glauben
weil wir glauben wollen
dass wir glauben müssen
an irgendetwas
um nicht zu fallen
zu verzweifeln an dem
was wir sehen wenn wir ehrlich sind
zu uns.
Irgendwann kehrst du zurück.
Erinnerst dich an die Farbe der Wirklichkeit
und ihre Rast auf dem Weg in die Welt.
Hilflos und nackt
standest du ihr gegenüber
doch du bist mutig geworden.
Ein wenig töricht immer noch
dies Kindsein hast du dir bewahrt.
Die zweite Geburt heilt die Erfahrung der ersten
vielleicht mit weniger Kampf und Schmerz als du denkst
vielleicht auch mit viel mehr.
Vertraue!
Nur der Zaghafte sehnt sich nach Sicherheit.
Die Geige die im Graben liegt
Das Cello dem ´ne Saite fehlt
Der Bass mit einem Riss im Holz
Der Flöte fehlt ein Loch
Die Bratsche mit ´nem Knick im Hals
Der Taktstock viel zu lang
Das Horn hat einen Kreis zu viel
Trompeten ohne Klang
Herr Dirigent nun sagen sie
Wieso hör´ ich Applaus
Er lacht mich zahnlos an und brüllt
Sie sind doch alle taub
Obwohl das Licht schon fast verlöscht
Das Publikum klatscht weiter
Kein Fuß rührt sich - sie stehen still
Erwarten sie den Gleichschritt?
So schreibe ich die letzte Strophe
Denn das ist mir zu arg
Komm lass uns raus ins Freie geh´n
Der Mond er lächelt kalt.
Die Nacht kommt früh
Kaum ist das Tagewerk vollendet
Im Ofen knistert totes Holz
Und selten schreit der Kauz nur noch beim jagen
Die Menschen zieht es in die Häuser
Kein Laut dringt mehr auf kalte Straßen
Lang ausgemalt das bunte Herbstgemälde
Mit Blättern die zu Ernte-Eile trieben
Und da
ganz wie von selbst die Frage
In jedem Jahr sich schneller formt
Wo ist sie hin die Zeit die uns so wertvoll scheint?
Ich schau dich an
In deinem Lächeln spiegelt sich die Welt
Die Zuversicht und stilles Wissen
Dass jeder Augenblick so kurz er uns auch scheinen mag entspringt uns´rer Unendlichkeit.
Der Tod
er ist nicht leicht
und lässt sich Zeit
manchmal sogar
bis Leben unerträglich wird.
Dann steht er da
Erlöser allen Leids
der Retter.
Vielleicht gefällt er sich in dieser Rolle
mag sein dass es ihm auch egal.
Wenn er ein Freund
dann käme er tief in der Nacht
wenn alle schlafen
doch will er dass man ihn begrüßt
im Stellenwert gleich wie das Leben
das auch nicht leise kommt und still.
Sei ihm nicht böse
auch er hat sich nicht ausgesucht
das Leid und Traurigkeit ihn führen
und Trost ein Attribut der and´ren Seite.
,,Sollte ein Pflanzenfresser Freundschaft mit einem Fleischfresser schließen, nur weil beide sich in einem Augenblick treffen, in dem sie einsam sind?"
,,Das hieße, der Pflanzenfresser müsste ständig darauf bedacht sein, dass der Fleischfresser satt ist. Er müsste von vornherein wissen, dass er es sein muss, der die Nahrung besorgt. Wenn nicht, könnte es für ihn lebensgefährlich werden."
,,Hm", lautete der Kommentar des Spatzen, ,,wäre das denn Freundschaft?"
Ich dachte einige Zeit lang nach und antwortete mit einer Gegenfrage: ,,Beinhaltet nicht jede Freundschaft auch, dass man bereit sein muss Kompromisse zu schließen?"
,,Du meinst also, ob diese Beziehung eine Zukunft hat, kommt darauf an, wer welche Zugeständnisse macht?"
,,Nun ja, der Pflanzenfresser hat mit solch einem Freund jemanden,der ihn vor anderen Fleischfressern beschützen kann und dies auch tun würde."
,,Aber warum würde der Fleischfresser den Pflanzenfresser beschützen, doch nur aus Eigennutz, oder?"
,,Ob aus eigenem Interesse oder nicht, der Pflanzenfresser wäre sicherer als vor der Begegnung."
,,Ich frage dich noch einmal: Ist das Freundschaft?"
Ich wusste nicht, worauf der Vogel hinauswollte, und schwieg.
Sing-Sing gab mir die nötige Hilfestellung:,, Ist eine Symbiose eine Freundschaft?"...
So manches Mal warf sie mir meine ‚kleingärtnerische Gedankenwelt’ vor die Füße.
Ich verstand sehr wohl warum die Leute sie mieden. Sie war nicht einzuschätzen. In keine bestehende Ordnung zu integrieren.
Sie stand da wo sie gerade stand, war dabei in ständiger Bewegung, nicht greifbar.
So wurde sie zu einem suspekten, da unverstandenem Wesen.
Sie besaß eine ungeheure Tiefe. Im Zusammensein mit ihr entwickelte sich bei mir ein Gefühl, welches ich vorher nicht kannte.
Ich prägte den Begriff ‚undurchsichtige Endlosigkeit’.
Und so sitze ich jetzt auf dem Friedhof, auf dem Steinquader mit Blick in Richtung der Kapelle, eeine Plastiktüte voller Zettel auf den Knien, ärgerlich, traurig und einfach nur sprachlos. Eine Stecknadel fällt zu Boden, und es regnet mir ins Gesicht.