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Die Dichterin

Lyrik ist Begegnung, Bewegung zwischen Zeiten in der man sie verehrt, sich traut sich ihnen zuzuneigen, sich hinzugeben, und Zeiten in denen man sie belächelt, sich den Maschinen zum Sklaven verschreibt und denkt, die Welt wäre kleiner geworden - sie ist es nicht!

Der Mensch indes, der so vieles schon verloren hat was ihn in Wirklichkeit ausmacht, dieses Wesen wünscht sich heutzutage genauso wie er es immer tat, nichts sehnlicher als Frieden.

Die Frage die sich dabei immer wieder stellt, was ist die Aufgabe von Kunst?

 

Heute möchte ich Euch in meine Lyrik entführen.

Vielleicht bin ich jetzt endlich alt genug um Gedichte zu schreiben - ich weiß

wie wertvoll er ist, der kleine, zarte Moment Leben.

Wie ein Schauspieler schlüpfe ich in diese oder jene Rolle, verlier mich in Zeit und Raum, in Wissen, Gewissen und Gefühl.  

Gut ist ein Gedicht dann, wenn es den Leser entführt, berührt und für einen Augenblick etwas in ihm zurücklässt - ein Gefühl, eine Erinnerung, einen Gedanken, ein Wort, eine Träne, ein Lächeln, irgendetwas.

Gut ist es dann, wenn es den Dichter selbst berührt, ihn wieder und wieder an die Zeit in der er es schrieb, schreiben musste, erinnert - ihn ein ums andere Mal hinter seine Seele blicken lässt.

An das 'warum' und an das 'genau so'! Das macht es unsterblich.  

 

Wieviele Gedichte könnte ich jetzt vorstellen, dreihundert, fünfhundert - ich weiß es nicht.

Ich habe sie nie gezählt, die lyrischen Texte, die mir wichtig sind, weil sie von Irrtümern erzählen, in Zeilen verfasste, gedrängte Chroniken einer Zeit.

Dann die, die ich als Geschenke für die Verlassenen die Traurigen, die Hoffnungslosen schrieb, um ihnen zu sagen: Hey, du bist nicht alleine.

Zum Schluss die, die durch Inspiration von anderen Künstlern entstehen, entstehen müssen, weil sich urplötzlich künstlerische Symbiosen in die Welt schreien. Es sind starke Werke, denn sie verbinden Richtungen derselben Welt.

 

Viele meiner Werke sind im Sand der Zeit vergraben.

Ich lasse sie dort ruhen, irgendwann verweht sie der Wind.

Andere habe ich verbrannt, sie waren nichts für diese Erde.

Welches mir das liebste?

Fragt eine liebende Mutter welches ihr das liebste Kind.

Eines aber ist mir wichtig: Immer muss das Geschriebene ehrlich sein!

 

Lyrik ist eine große Kunst, und ich hoffe wir Dichter werden es schaffen, weil wir es schaffen wollen, sie erneut aus ihrem viel zu lange währenden Dämmerschlaf zu wecken.

 

DAS ERSTE WORT

 

Und ich denke in Zeilen

verliere mich in Bedeutung

reise vom Tag hin zur Dunkelheit

verweile in der Dämmerung

lasse mich beschenken

fordere Wortgewalt

kämpfe

werde gefangen

schleiche

wie ein Dieb in der Nacht

auf der Suche nach Beute

auf neuen Wegen

umhüllt von Gedanken

schwerelos wie Seidentuch.

Versuche zu verstehen

zu begreifen

Fremde

meiner Kraft

Freundin meiner Erschöpfung

als es sichtbar wird auf dem Papier 

das erste Worte.

 

 

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Kommentare: 4
  • #1

    Ulrike (Sonntag, 19 November 2023 12:29)

    Wundervoll, Du berührst mich sehr.

  • #2

    Uschi Hammes (Sonntag, 19 November 2023 12:43)

    Dann habe ich es für dieses Mal gut gemacht. Ich danke Dir Ulrike.

  • #3

    Albert von Frankenhausen (Sonntag, 19 November 2023 18:13)

    Man kann es dem Dichter nur wünschen, wieder Bedeutung zu erlangen. Ein Gedicht ist wie ein Bild, fast gleichzeitig erscheinen die Worte und die dahinter liegenden Ideen auf dem Papier. So in etwa ist es auch mit dem Bild. Leider ist unsere heutige Zeit voll von Worten, die keinen Sinn ergeben, die Bilder, die sie formen, sind ebenso belanglos und platt, wie das Posten von irgendwelchen Restaurantmahlzeiten auf sozialen Netzwerken. Im Gegensatz dazu ergibt dieses Gedicht einen Sinn, und ein Bild, und das Streben nach der Essenz, das merkt man förmlich, so sollte es sein.

  • #4

    Uschi Hammes (Montag, 20 November 2023 07:33)

    Herzlichen Dank für Deine Worte und für das Kompliment, Albert von Frankenhausen.
    Vielleicht ist die Masse an Worten und Bildern nichts weiter als Ablenkung in einem perfiden Spiel, in dem das Kalb den Strick noch selbst bezahlt mit dem man es zum Schlachthaus führt.